Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition) by Howells Amanda

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition) by Howells Amanda

Autor:Howells, Amanda [Howells, Amanda]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783104023144
Herausgeber: S.Fischer Verlage
veröffentlicht: 2012-07-24T22:00:00+00:00


Ich wäre gerne draußen geblieben, als moralische Unterstützung für Simon. Aber ich wusste, dass er auch seine Privatsphäre brauchte, daher ließ ich die beiden draußen auf der Veranda allein und ging wieder hinein. Ich entschloss mich, nichts mehr zu trinken. Wenn Simon keinen Alkohol trank, wollte ich es auch nicht. Und seit wann brauchte ich Alkohol, um Spaß zu haben?

Nachdem ich auf der Toilette mein Lipgloss aufgefrischt hatte, trat ich wieder hinaus auf die Veranda. Stacy und Simon waren nirgends zu sehen. Waren sie hinunter an den Strand gegangen? Hatten sie einen Spaziergang unternommen, um sich auszusprechen? Die Vorstellung quälte mich. Ich hasste den Gedanken daran, Simon könnte mit dieser Hexe reden, die ihm so viel Ärger und Kummer eingebracht hatte. Aber wie hieß es so schön? Liebe macht blind. Vielleicht hing Simon immer noch an Stacy. Vielleicht hatte ein liebes Wort gereicht, um ihn wieder rückfällig werden zu lassen.

Mit einem Kloß im Hals stand ich da und fühlte mich wie eine blöde Kuh. Aber ich wollte auch nicht wieder hineingehen. Drinnen wartete niemand auf mich.

»Mia!« Beth schlüpfte zwischen den Glasschiebetüren hindurch und schlang die Arme um mich, als hätte sie mich seit Wochen nicht gesehen. Sie schwankte auf ihren hohen Absätzen und ihre Augen waren gerötet und glänzten. Sie war offensichtlich völlig betrunken – sonst hätte sie mich wohl auch kaum umarmt. »Was machst’n du hier draußen so ganz einsam und allein?«

»Ich suche Simon. Ich bin reingegangen, um uns etwas zu trinken zu holen, und als ich wieder rauskam …«

Beth unterbrach mich, nickte übertrieben und riss die Augen auf. »Böse, böse!«, sagte sie, drohte mir mit dem Zeigefinger und rang um ihr Gleichgewicht. »Simon darf keinen Alkohol trinken!«

»Wie bitte?«

Beth lehnte sich nach vorn, als eröffne sie mir ein tiefes, düsteres Geheimnis. »Ich habe gehört, er soll – äh – verrückt sein. Er steht unter Medikamenten. Bestimmt, damit er nicht gewalttätig wird.«

»So ein Quatsch«, gab ich zurück, aber Beth nickte weiter heftig mit dem Kopf. »Von wem stammt dieser Blödsinn? Von Stacy?«, fragte ich mit verschränkten Armen.

Beth schien mich nicht gehört zu haben, wankte davon und verschwand um die Ecke der Veranda.

Ich ging hinunter an den Strand. Beth hatte natürlich nur Mist geredet, aber Simon war nicht da, um ihr zu widersprechen. Er war verschwunden … Und was hatte es denn nun zu bedeuten, dass er keinen Alkohol trinken durfte? War es möglich, dass er mir nicht die ganze Wahrheit erzählt hatte? War es möglich, dass er … verrückt war? Beths Worte hallten unwillkürlich in meinen Ohren nach.

Stopp! Ich schüttelte den Kopf. Widerlich, dass ich diesen Tratsch glaubte. Nein, natürlich glaubte ich ihn nicht. So war Simon nicht. Aber andererseits war ich mir nicht sicher genug. Angenommen, Simon war wirklich ein psychisch labiler Typ, der mich vollquatschte, mir vormachte, wir seien Freunde und Stacy interessiere ihn nicht mehr, der aber insgeheim von ihr besessen war … und vielleicht in diesem Augenblick mit ihr herumknutschte?

In dem Moment sah ich dunkle Schatten unten bei den Dünen. Stacy und Simon? Wenn sie es waren, wollte ich sie ganz bestimmt nicht stören.



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